Anna by Schopenhauer Adele
Autor:Schopenhauer, Adele
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: (Privatkopie)
veröffentlicht: 2010-02-03T05:00:00+00:00
Leontine, Schwester Renate und Jean Carlo saßen in stummem Schmerz am Bett der plötzlich, nach einem neuen heftigen Blutauswurf sanft wie ein Kind Entschlafenen; die Nonne betete still für die durch den unerwarteten Tod ohne die Gnadenmittel der Kirche Hinübergegangene; Leontinens Hand ruhte zum ersten Mal lange in der ihres armen Freundes; Keines versuchte ein lautes Wort.
Im Hause ahnete noch Niemand die Gegenwart des Todes. Renate hatte selbst die geweihten Kerzen zu Haupt und Füßen des Sterbelagers angezündet, den Priester hatte man nicht mehr rufen können, so schnell hatte der Scheidekuß des Lebens die bleichen Lippen des schönen Mädchens berührt.
Die Badegäste und Wirthsleute schliefen, auf den Straßen hatte sich ringsum Ruhe verbreitet, nur ein überwachter Orgelmann drehte auch schon halb schlafend unter einem fernen Fenster sein letztes Ständchen ab, es war ein veraltetes Volks- und Liebeslied; unwillkürlich mußte Leontine darauf hören. »Keine Nessel, kein Feuer kann brennen so heiß als heimliche Liebe, die Niemand nicht weiß.«
Lange saßen sie so schweigend; endlich begann Carlo zu reden. Er blickte nach dem noch nicht ergrauenden Tage; sein unruhiges Blut trug die Unthätigkeit des Schmerzes nicht, und es lastete der Gedanke auf ihm, die geliebte Leiche hier im fremden Lande zurückzulassen. Sollte Rosalie als Polin mit einer Lüge in's dunkle Grab gelegt werden? Welche Hoffnung blieb dann dem Trauernden, in möglich besseren Tagen wenigstens die schöne Hülle der Schwester dem Geburtslande wieder heim zu bringen, dem die Lebende entrissen zu haben er so tief bejammerte? Ach, Schmerz und Glück zogen ja ihn wie sie in jedem Athemzug hinüber! – Mit heftig erwachender Leidenschaftlichkeit erneuten sich seine Klagen. Trostlos stand Leontine neben ihm, sie litt unaussprechlich und ach! sie wußte keinen Rath für diese neue Form der Qual. Vergebens bot sie ihm ihres in wenig Tagen erwarteten Stiefvaters Hülfe. Jede Mittheilung des Geheimnisses an einen Dritten lehnte er bestimmt ab.
In diesem Augenblicke hatte die fromme Schwester, die in stillen Fürbitten am Fußende des Lagers kniete und in tiefster Sammlung das Gespräch nicht beachtete, ihre Gebete beendet. Sie schritt der Thüre zu und, schon an der Schwelle, sagte sie leise: Ich gehe zum Dechanten; man wird nun bald zur Frühmesse läuten, er wird schon aufsein.
Wie ein Lichtstrahl durchzuckten die einfachen Worte Jean Carlo's verdüstertes Gemüth. Ja! rief er aufspringend, im Schoos der Kirche, in der Hingebung an ihre beseligenden Wahrheiten finde ich die Gewährung einer Versicherung, die nichts Irdisches mir zu geben vermag. Die gefalteten Hände fest auf die Brust gedrückt, blickte er aufwärts und ein Ausdruck der schwärmerischsten, inbrünstigsten Frömmigkeit überflog den Schmerz seiner Züge.
Ja, fuhr er fort, von dir, mein reiner Engel! kam mir der Gedanke. Die Beichte sichert mein Geheimniß und bürgt mir für die Erfüllung deines letzten Erdenwunsches!
Er hob den Schleier, der das Antlitz der Gestorbenen deckte; sie war unaussprechlich schön. Leise küßte er ihre weiße Stirn, dann fuhr er, zu Leontinen gewendet, fort: Ach, Signora! könnten Sie fühlen, was in diesem Augenblicke meine arme zerrissene Seele wie ein Friedensbote durchzieht und das wilde Thier in mir bändigt. O, könnten Sie mit
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